Fortschritt bei DNS-Untersuchungen Henk Ruinaard Bereits im Jahre 2005 begann die AG Echinocereus mit DNS-Untersuchungen mittels Flow Cytometry bei den Echinocereen, mit dem Ziel, die Ploïdie der verschiedenen Spezies und Subspezies festzustellen. Schon bei den ersten Analysen stellte sich heraus, dass Körperteile ungeeignet sind für die Flow-Cytometry-Analyse, weil die schleimige und klebrige Substanz des Körpers die Viskosität der Testflüssigkeit erhöht und damit den Durchfluss in der Kapillare des Flow-Cytometry-Gerätes behindert; um das zu vermeiden, werden Wurzelteile verwendet. Diese sind nicht „schleimig“ und führten zu sehr deutlichen Messwerten. Leider zeigte sich im Sommer 2006 ein großer Nachteil bei der Verwendung von Wurzelteilen, sie verdarben nämlich während des Versandes zum Labor. Eine Lösung war die Umstellung auf die Untersuchung vonSamen:Diese haben den Vorteil, dass sie sehr gute Messwerte zeigen und auch sehr gut haltbar sind (fünf Jahre alte Samen ergeben noch immer gute Messwerte). Ein weiterer Vorteil ist, dass man in Kultur erzeugte Hybriden von diploïden und tetraploïden Spezies untersuchen kann (triploïde Samen). Ein Beispiel ist die triploïde Hybride von E. polyacanthus und E. pulchellus ssp. weinbergii. Kurzdarstellung des Ablaufs der Messung mit dem Flow-Cytometry-Gerät: – Der Echinocereus-Samen bzw. –wurzel wird zusammen mit einem Vergleichsmuster (der sogenannte interne Standard) in einer wässerigen Lösung verschnitten; dabei werden die Zellkerne freigelegt. – Nach dem Absieben der festen Bestandteile werden die Zellkerne mit einem fluoreszierenden Farbstoff (DAPI = Di Amidino-2-Phenyl Indole) behandelt und diese Lösung wird durch eine enge Kapillare geführt. – Beim Durchfließen durch diese Kapillare werden die gefärbten Zellkerne mit einem Lichtstrahl (Lampe oder Laser) bestrahlt, der eine für den Farbstoff spezifische Frequenz hat. Dabei leuchtet der Farbstoff auf und das fluoreszierende Licht wird in einer Fotozelle aufgefangen und in ein elektrisches Signal umgewandelt. – Dieses elektrische Signal wird an der Horizontalachse (= Lichtintensität) eines sogenannten DNS-Histogramms eingetragen (siehe Histogramm HR062). – Die Zahl der Zellkerne (fotoelektrische Signale) wird an der Vertikalachse des DNS-Histogramms eingetragen – je mehr Signale (Counts), umso höher der Peak. – Je größer die Kerne sind (mehr Chromosomen), umso höher ist die ausgestrahlte Lichtintensität. Diese zeigt sich weiter rechts an der Horizontalachse. – Der verwendete interne Standard (Ilix crenata 'Fastigiata') hat kleine Zellkerne und erzeugt die niedrigste Lichtintensität. Das ist der erste Peak im Histogramm HR062 (= E. reichenbachii ssp. caespitosus) mit einer mittleren Intensität (Mean-x) von 119.29. – Die größeren Zellkerne der diploïden Echinocereus-Pflanzen haben zufälligerweise eine zirka zweimal so hohe Intensität wie die Zellkerne des internen Standards – das ist der zweite Peak im Histogramm mit einer Mean-x von 195.62. – Die noch größeren tetraploïden Zellkerne liefern eine noch höhere Intensität; das ist der vierte Peak mit einer Mean-x von 387.55. Im Histogramm HR062 sind das die Kerne, welche in der Teilungsphase sind (siehe Histogramm in Ruinaard 2006). – Der DNS-Gehalt des internen Standards ist genau bekannt, weil er mittels mikroskopischer Analyse gemessen wurde. – Setzt man das Mean-x des Musters mit dem des internen Standards ins Verhältnis (Ratio) kann der DNS-Gehalt des Musters berechnet werden. In diesem Beispiel ist das Verhältnis 1,64 und der DNS-Gehalt: 1,64 x 2,16 x 1,14 = 3.9 pg (Pikogramm). (Erklärung: 2,16 ist der DNS-Gehalt des internen Standards und 1,14 ist die Korrektur für die Verwendung von DAPI als Farbstoff.) Die Verdopplung des Peaks (tetraploïderPeak bei einem diploïden Muster, hexaploïder Peak bei einem triploïden Muster oder oktaploïder Peak bei einem tetraploïden Muster) zeigt sich fast immer, wenn Samen für die DNS-Messung verwendet werden. Offensichtlich ist ein Teil der Zellkerne im Samen noch in der Teilungsphase. In vielen Histogrammen von Samen zeigt sich auch ein sehr kleiner triploïder Peak. Dieser wird verursacht durch Reservenährstoff (Nährgewebe), das sogenannte Endosperm (siehe Peak 3 im Histogramm HR062 bei einer Intensität von 286,92). Seit 2007 wurden mit gutem Erfolg nur noch Messungen an Samen durchgeführt. Einziger Nachteil dabei ist, dass Samen nicht immer verfügbar sind. Um diesen Nachteil zu vermeiden, fanden im Dezember 2013 Versuche mit frischer und getrockneter Epidermis (Haut des Kakteenkörpers) statt. Es ergaben sich Erfolg versprechende Ergebnisse der DNS-Serie vom Dezember 2013. Im Januar 2014 wurde eine weitere Serie an Versuchen mit getrockneter Epidermis (4 Spezies), getrockneten Wurzeln (4 Spezies), mit 10 bis 14 Jahre alten Herbarbelegen und 1 bis 8 Jahre alten Samen durchgeführt. Im Mai 2014 wurden getrocknete Blüten zur Analyse angeboten. Ergebnisse dieser Messungen: – Es war nicht möglich die Ploïdie von Herbarbelegen (Petalen) zu messen, weil keine Zellkerne vorhanden waren. Es gibt also auch keinen Unterschied im Alter der Herbarbelege. – Die Ergebnisse der getrockneten Epidermis waren nicht sehr gut. Die Histogramme sind unscharf, aber die Ploïdie ist bei den meisten Mustern noch festzustellen (siehe Bild 2: Histogramm HR574 = E. polyacanthus ssp. densus, tetraploïde getrocknete Epidermis). – Die Ergebnisse von getrockneten Wurzeln waren gut bis sehr gut. Die Histogramme sind deutlich und fast so gut wie die von Samen (siehe: Histogramm HR598 = E. acifer x fendleri, triploïde getrocknete Wurzel). – Das Ausschneiden der Epidermis aus einem dicht bedornten Pflanzenkörper, wie bei E. dasyacanthus, und das Entfernen der schleimigen Körpermasse ist sehr schwierig. – Das Säubern von Wurzel und Samen (abspülen mit Wasser) ist relativ einfach. – Die besten Histogramme werden mit sauberen Samen erreicht. – Das Alter der Samen hat keinen Einfluss auf die Ploïdie-Analyse (siehe Histogramm HR595 = E. polyacanthus x pulchellus ssp. weinbergii, triploïde Samen von 2006). Auf Basis dieser Ergebnisse kommt der Autor zu den nachfolgenden Schlussfolgerungen: – Saubere Samen sind die am besten geeigneten Muster. – Getrocknete Wurzeln sind eine sehr gute Alternative. – Getrocknete Epidermis ist die letzte Möglichkeit. – Herbarbelege (Petalen) und getrocknete Blüten können nicht für Ploïdiemessungen benutzt werden. Zurzeit ist von mehr als tausend Echinocereen-Mustern die Ploïdie mittels Flow Cytometry gemessen und von fast allen Spezies und Subspezies ist die Ploïdie bekannt. Von 145 Spezies und Subspezies sind ca. 82% diploïd, ca. 17% tetraploïd und weniger als 1% hexaploïd (E. yavapaiensis). Fazit: Diese Ergebnisse sind eine weitere positive Entwicklung bei der Analyse der Ploïdie der Gattung Echinocereus und machen die Analyse unabhängig von der Verfügbarkeit von Samen. Danksagung: Der Autor bedankt sich bei den nachfolgenden Personen für ihren Beitrag: – Dieter Felix für seine Initiative eine Ploïdie-Testmethode zu suchen und für den Aufbau der DNS-Datenbank. – Gerard Geenen von Plant Cytometry Services für seine Messungen. – Dr. Ben Zonneveld von der Universität Leiden für seine Hilfe bei der Introduktion der Flow-Cytometry-Methode. – Michael Lange für die freundliche Bereitstellung der Herbarbelege. Literatur: RUINAARD, H. (2006): Messung des DNS-Gehalts und der Ploïdität der Gattung Echinocereus mittels Flow Cytometry; Ecf 19 (3): 101–106 RUINAARD, H. (2007): Messung des DNS-Gehalts an Echinocereus-Samen; Ecf 20 (2): 54–57