170 Jahre seit der Erstbeschreibung des Echinocereus viridiflorus Engelmann (1848) Honza Hadrava (Übersetzung: Ing. Detmar Jäger, Aš/Tschechien) Damit wir die Zeit besser verstehen, seit welcher die botanische Welt den E. viridiflorus kennt, erlauben Sie mir bitte in der Einleitung einige historische Ereignisse zu erwähnen. Im Revolutionsjahr 1848 ging halb Europa auf die Barrikaden und Deutschand als ein Land existierte noch nicht. Auf den Habsburger Thron kam der junge Franz Joseph I., Kaiser von Gottes Gnaden und auch böhmischer König. In London wurde das Kommunistische Manifest durch Marx und Engels herausgegeben. Die Vereinigten Staaten von Amerika gewannen den Krieg gegen Mexiko und vereinnahmten in Folge dessen große Gebiete im Südwesten einschließlich Kalifornien, wo kurz danach das Goldfieber ausbrach. In jenem Jahr benannte Dr. Georg ENGELMANN (1848) eine neue Kakteengattung als Echinocereus und im gleichen Akt beschrieb er auch den E. viridiflorus, den sein Kollege Dr. F. A. Wislizenus auf den Prärien bei Wolf Creek gesammelt hatte. Doch hatte jener denselben schon zwei Jahre früher auch am Santa Fé Trail gefunden, als das Gebiet noch zu Mexiko gehörte. Der Typfundort, eine Prärie bei Wolf Creek, liegt heute im Mora County im nordöstlichen New Mexico. Auf vielen Standorten wächst E. viridiflorus subsp. viridiflorus noch heute ungestört. Dies können mehrere unserer Reisenden bestätigen. Ein Beweis dafür sind auch die Nachzuchten in unseren Sammlungen. Die E. viridiflorus aus anderen, insbesondere den nördlicher liegenden Bundesstaaten, so in Colorado und Wyoming, kannten wir bis jetzt nur unter den diversen Feldnummern beginnend mit DJF, HK, SB … Bei unserer Reise durch den Mittleren Westen haben wir eine ganze Reihe dieser nördlichen Populationen untersucht, mit dem Ziel, morphologische und ökologische Unterschiede zu erkennen; besonders aber, um über die Unterschiede zwischen den Pflanzen von den verschiedenen Standorten zu lernen. Diese Unterschiede sind nicht grundsätzlicher Natur. Die größten Pflanzen haben wir in Kansas beobachtet, in der Höhe von 1.100 m ü.NN, wo sie eine mittlere Größe von 10 cm erreichten. Einen Gegensatz dazu bilden die Vorkommen weit im Norden in Wyoming oder in den hohen Bergen von Colorado. Dort waren unsere „Viridifloren“ immer umso kleiner, je weiter im Norden sie wuchsen. Bis auf einzelne Ausnahmepflanzen waren sie in der jeweiligen Population aber immer ziemlich einheitlich. Die Typart der Gattung ist gleichzeitig die am nördlichsten verbreitete Art. Sie kommt nur östlich der kontinentalen Sperre im Wasserabflussgebiet (Continental Divide) des Atlantiks (bzw. des Golfs von Mexiko) vor. Von dem zentralen New Mexico bis südöstlich in South Dakota sind dies Gebiete, wo sie sehr niedrige Temperaturen überstehen müssen. Immer haben wir sie im Gras gefunden, öfters in sehr hohem und dichtem Gras oder auch auf Felspartien in lichten Nadelwäldern. Diese Biotope bieten den niedrigen Echinocereen einen guten Schutz gegen die Sonne und im Winter auch gegen die kurzzeitigen Nachtfröste und den eisigen Wind. E. viridiflorus subsp. viridiflorus ist variabel in der Ausformung der Dornenlänge. Am deutlichsten ist die Variabilität der Mitteldornen. Diese können nur einige Millimeter, aber auch eine Länge von fast zwei Zentimeter haben, und oft sind sie auch auffallend gekrümmt. Ebenso oft fehlen sie auch gänzlich. Manchmal entwickeln sie sich erst an älteren oder größeren Exemplaren. Manche Pflanzen haben zwei Mitteldornen. Wir haben die Existenz dieser „Zwillinge“ auch am Typstandort vorgefunden. Sie sind in der Regel unterschiedlich lang, der Untere ist der dann deutlich Längere, er hat auch eine andere Neigung bzw. Krümmung. Aber immer wachsen sie übereinander aus der länglichen Areole. Hier und da findet man an den Standorten Exemplare mit hellen bis ganz weißen Dornen. Immer sind dies kleine Pflanzen und sie sind auch nicht häufig. Sie ähneln den Sämlingen. Kann diese auffallende Färbung die Aufmerksamkeit von Prädatoren nach sich ziehen? Sind es Schadinsekten und andere Tiere, die manche Pflanzen fressen? An verschiedenen Standorten, die wir besuchten, ähnelte die Kakteensuche dem Pilzesuchen in einem trockenen Sommer. Aber es gab auch Stellen, wo man aufpassen musste, wohin man den Fuß setzte. Die Beobachtung der begleitenden Kakteen- und Sukkulentenvegetation bringt wichtige Erkenntnisse für die Kultivierung. Ich notierte dies (mit Ausnahme der Opuntien) für einige Populationen, wo die E. viridiflorus unmittelbar zusammen mit Kakteen anderer Gattungen oder Echinocereus- Arten wachsen oder in wenigen Metern Abstand nebeneinander wachsen. Das könnte uns auch etwas sagen über die Bedürfnisse dieser verschiedenen Pflanzen! Viele Kakteenfreunde pflegen ihre E. viridiflorus im ungeheizten Gewächshaus oder in ähnlichen Räumen oder im gut drainierten Alpinum ganz ohne weiteren Schutz gegen den lokal stark unterschiedlichen mitteleuropäischen Winter. All das Gute, was die Natur den Kakteen bietet, das bietet ihnen der Kakteenfreund nur selten. Ich selbst pflege einige Pflanzen in Travertin eingepflanzt und in zerfallenem Granit. Beide Pflanzungen wachsen ganz gut, das weist darauf hin, dass die Art keine großen Ansprüche an den pH-Wert des Substrats hat.